Ketzer der Neuzeit: Wenn die Pressefreiheit auf die Probe gestellt wird – Und die Polizei nur zusieht

Inmitten der vibrierenden Metropole Berlin, dort, wo Geschichte und Moderne aufeinandertreffen, ereignete sich ein Vorfall, der tiefgreifende Fragen zur Pressefreiheit in Deutschland aufwirft. Der bekannte YouTuber „Ketzer der Neuzeit“, bürgerlich Leonard Jäger, machte sich auf den Weg zu einer Demonstration am Oranienplatz, um von vor Ort zu berichten und ins Gespräch mit den Demonstrierenden zu kommen. Der YouTuber selbst bezeichnete die Demonstration in seinem Video als „Feministen-Demo“. Genauere Informationen zum Thema oder Datum der Demonstration sind nicht bekannt. Doch statt des offenen Dialogs, den er suchte, fand er sich inmitten einer Reihe von Störungen und Einschüchterungsversuchen wieder, die den Grundsatz der Pressefreiheit auf eine harte Probe stellten. Was ist passiert, und was sagt uns dieser Vorfall über den Zustand der journalistischen Freiheiten in unserem Land?

Wer ist der „Ketzer der Neuzeit“?

Der „Ketzer der Neuzeit“ ist das Pseudonym von Leonard Jäger, einem deutschen YouTuber und Influencer, der seit etwa 2021 auf seinem Kanal gesellschaftspolitische Inhalte veröffentlicht. Seine Videos umfassen Straßenumfragen und „soziale Experimente“, in denen er provokative Fragen zu kontroversen Themen wie Feminismus, LGBTQIA+ und Verschwörungstheorien stellt. Dabei präsentiert er sich als kritischer Denker, der alternative Perspektiven aufzeigt.

Allerdings steht Jäger in der Kritik, Desinformation zu verbreiten und Verbindungen zu rechten sowie verschwörungsideologischen Kreisen zu pflegen. Seine Inhalte werden als queerfeindlich und antifeministisch eingestuft, und er soll Kontakte zu Akteuren aus dem Reichsbürger-Milieu haben. Zudem wird ihm vorgeworfen, durch manipulative Fragetechniken und selektive Darstellung von Gesprächspartnern seine eigene politische Agenda zu fördern.

Wenn Journalismus auf Ablehnung trifft: Die Ereignisse der Demonstration

Der YouTuber wollte die Stimmung der Demonstration am Oranienplatz einfangen – ein Ansatz, der oft den authentischsten Einblick in die Beweggründe und Ansichten der Teilnehmenden bietet. Doch kaum setzte er an, Gespräche zu führen, traten Ordner der Gewerkschaft GEW in Aktion. Zunächst versuchten sie, ihn von der Demonstration zu verweisen, was einen klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit darstellt. Nachdem dies nicht erfolgreich war, begannen sie, seine Versuche, Gespräche zu führen, zu stören. Sie unterbrachen seine Ansätze immer wieder mit Ansagen wie: „Redet nicht mit dem, der ist ein Nazi.“ Immer wieder wurde er als Faschist, rechter YouTuber oder ähnliches diffamiert – Vokabeln, die darauf abzielten, ihn zu isolieren und seine Rolle als Berichterstatter zu diskreditieren. Unabhängig davon, ob diese Vorwürfe zutreffen oder nicht – eine Diskussion über die Legitimität solcher Angriffe auf einen Journalisten ist unumgänglich.

Während der gesamten Berichterstattung wurde Jäger von einem Bodyguard begleitet, der am Ende des Tages aus Sicherheitsgründen dazu riet, die Berichterstattung abzubrechen. Diese Entscheidung wurde notwendig, nachdem die Störungen und Belästigungen durch die Ordner der GEW sowie Demonstrationteilnehmern eskalierten. Der gesamte Vorfall wurde in zwei Teilen dokumentiert und am 24. November 2024 sowie am 30. November 2024 auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht.

Inmitten all dessen fiel auf, dass auch die anwesende Polizei keine Hilfe bot, obwohl er sich als Journalist zu erkennen gab und sogar einen Presseausweis vorzeigte. Statt die Pressefreiheit zu wahren, wurde ihm geraten, „woanders zu berichten.“ Eine Aussage, die Fragen aufwirft: In welchem Maße sind wir bereit, die Grundwerte unserer Gesellschaft zu verteidigen? Ist die Pressefreiheit nicht gerade dafür gedacht, kritische und unpopuläre Stimmen zu schützen?

Eingeschränkte Pressefreiheit: Ein Problem, das uns alle betrifft

Die Pressefreiheit ist nicht nur ein Privileg für große Medienhäuser oder anerkannte Journalisten. Sie ist ein fundamentaler Baustein jeder demokratischen Gesellschaft. Sie sorgt dafür, dass Informationen aus verschiedenen Perspektiven an die Öffentlichkeit gelangen und so ein umfassendes Meinungsbild entstehen kann. Wenn eine Gewerkschaft, die eigentlich für den Schutz und die Rechte der Menschen eintritt, bewusst eine Berichterstattung unterdrückt, so stellt dies eine massive Beeinträchtigung der Informationsfreiheit dar. Und wenn die Polizei dies tatenlos mitansieht, wird klar: Hier liegt ein systemisches Problem vor.

Die Rolle der Polizei in solchen Situationen sollte eigentlich klar sein: den Schutz aller Beteiligten zu gewährleisten und die Grundrechte, wie sie im Grundgesetz festgeschrieben sind, zu verteidigen. Dass der YouTuber selbst mehrfach die Beamten um Hilfe bat, ohne dass diese einschritten, ist nicht nur ernüchternd, sondern auch alarmierend. Es legt nahe, dass die Bereitschaft, unpopuläre Berichterstattung zu schützen, abnimmt – besonders, wenn diese Berichterstattung nicht in das vorherrschende Narrativ passt.

Pressefreiheit im Spannungsfeld von Meinung und Macht

Der Vorfall wirft grundsätzliche Fragen darüber auf, wie es um die Meinungsfreiheit in Deutschland bestellt ist. Denn wenn bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen gezielt daran gehindert werden, öffentlich zu sprechen, dann schädigt das die Vielfalt der Meinungen – und damit die Grundlage der Demokratie. Journalisten – ob etabliert oder neuartig wie „Ketzer der Neuzeit“ – sollten nicht aufgrund ihrer Ansichten, ihrer Herangehensweise oder ihrer Reichweite daran gehindert werden, ihre Arbeit zu tun. Die Diffamierung als „Nazi“ oder „Faschist“ wird schnell zum Totschlagargument, das jeden kritischen Dialog im Keim erstickt.

Die Verantwortung der Gesellschaft: Welche Schlüsse ziehen wir?

Dieser Vorfall ist keine isolierte Angelegenheit. Er zeigt ein immer stärker werdendes Problem in unserer Gesellschaft: die mangelnde Bereitschaft, mit anderen Meinungen umzugehen. Pressefreiheit bedeutet auch, Inhalte zuzulassen, die wir vielleicht unbequem oder falsch finden. Solange sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen, sollten alle Journalisten die Freiheit haben, zu berichten – ohne Angst vor Verfolgung oder Diskreditierung.

Ein Gedanke, der hier naheliegt, ist die Frage, wie Journalisten besser geschützt werden können. Nicht nur von der Polizei, sondern auch von uns als Gesellschaft. Der Schutz der Pressefreiheit beginnt bei jedem Einzelnen. Wir müssen lernen, unbequeme Fragen auszuhalten und den Dialog zu suchen, statt zu verbieten. Die Demokratie lebt von der Vielfalt an Meinungen – und diese Vielfalt gilt es zu verteidigen.

Was können wir tun?

Für die Zukunft ist es wichtig, dass solche Vorfälle nicht unbeachtet bleiben. Die Pressefreiheit muss durch alle gesellschaftlichen Institutionen verteidigt werden, sei es durch die Polizei, die für Ordnung sorgt, oder durch Gewerkschaften, die mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Was ist also der nächste Schritt? Sollten wir nicht alle, unabhängig von politischen Ansichten, dafür eintreten, dass Journalisten frei berichten können? Denn Pressefreiheit ist auch Meinungsfreiheit.

Pressefreiheit darf keine leere Floskel sein

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass wir als Gesellschaft überdenken müssen, wie wir mit unliebsamen Berichterstattern umgehen. Der Vorfall am Oranienplatz ist ein Warnsignal dafür, dass selbst in einem Land wie Deutschland die Freiheit der Presse nicht immer selbstverständlich ist. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Journalisten, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, die Möglichkeit haben, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Demokratie ist nur so stark wie ihr Wille, auch kritische und unbequeme Stimmen zuzulassen.

Wenn du als Journalist auf der Suche nach einem Presseausweis bist, der dir hilft, deine journalistische Tätigkeit auszuüben und dich bei Berichterstattungen besser zu legitimieren, kannst du deinen Presseausweis direkt bei uns, dem DVFJ – Deutscher Verband Freier Journalisten, beantragen. Hier geht’s zum Antrag.

Foto von cottonbro studio: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-schreibtisch-laptop-buro-4064840/
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